Was kommt nun: Ein harter oder ein weicher Brexit?
Haben die Unterhändler sich bewusst stur und tölpelhaft angestellt, um den Brexit völlig zu verwässern? Oder sollte gar ein zweites Referendum erzwungen werden?
Die
unheimliche Angst vor dem Erfolg!
Nichts
wäre furchtbarer für die kapitalfreundliche EU-Lobby, als
ein wirtschaftliches Aufblühen eines souveränen
Großbritanniens. Würde es dem Land nach seinem
Befreiungsschlag, nach seinem Austritt aus der EU, deutlich besser
gehen als zuvor, wäre der Zusammenbruch der Europäischen
Union vorprogrammiert. Dann würde der Propaganda der
EU-Nutznießer vollends misstraut. Schon heute lassen sich viele
Europäer von der angstschürenden Rhetorik der EU-Fanatiker
nicht mehr beeindrucken. In Italien zum Beispiel hat sich das Blatt
bereits gewendet, da wäre die Bevölkerungsmehrheit
heilfroh, aus der Bevormundung des EU-Bürokratismus entlassen zu
werden.
"Der
Brexit wird eine Katastrophe auslösen!"
Das
jedenfalls jedenfalls behaupten die EU-Pfründebewahrer. Sie
argwöhnen, ein Chaos würde ausbrechen, würden
plötzlich 25-prozentige Zölle erhoben. Sie prophezeien,
eingefahrene Lieferketten würden zusammenbrechen. Als
Paradebeispiel verweisen sie gerne auf die englische Autoindustrie,
in der bislang ein Großteil der Komponenten aus anderen
EU-Staaten eingeführt wird. Zahlreiche Fertigungsteile wandern
zwecks Weiterverarbeitung ständig hin und her, werden ins
Inselreich ein- und anschließend wieder ausgeführt.
Zollgrenzen wären Gift für dieses Prozedere.
Also einmal ehrlich: Offenbart nicht gerade diese
Beweisführung die ganze Absurdität der europäischen
Arbeitsteilung? Ist der stete Warenfluss, dieses ewige rein und
wieder raus, nicht der Inbegriff der Verschwendung, der
Unproduktivität, des Umweltfrevels? Von dieser Perversion des
Kapitalismus, dieser Verhöhnung markwirtschaftlicher Prinzipien,
muss man sich doch endlich einmal abnabeln!
Großkonzerne
zahlen in der EU kaum Steuern!
Eine Untersuchung der Grünen im Europäischen Parlament hat
ergeben, dass multinationale Unternehmen in der EU fast nie die
gesetzlich vorgeschriebene Steuerlast zahlen. Kein Wunder also, wenn
die Interessenvertreter des Kapitals gehörig Stimmung gegen den
Brexit machen.
Wieso
plötzlich 25-%-Zölle?
Zudem
ist es ein Unfug, gleich den Teufel an die Wand zu malen. Wer denkt
schon daran, abrupt einen hohen Zoll zu installieren? Sinnvoll
wäre, in 3-Prozent-Schritten beidseitig einen Zollmechanismus
allmählich aufzubauen. Damit die Volkswirtschaften in GB und der
EU sich ohne Hektik auf die veränderte Situation einstellen
können.
Bei einem solch schleichenden Zollaufbau würde der
überdrehte Warenaustausch behutsam auf ein erträgliches
Maß heruntergefahren. Dann würden auch die entschiedensten
Brexitgegner begreifen, dass die Briten keineswegs zu dumm oder zu
unfähig sind, die meisten ihrer Produkte in Eigenregie
herzustellen. So wie es früher einmal üblich war. Auch die
Brexitgegner werden schließlich die Annehmlichkeiten
spüren, aus der Zwangsjacke der Abhängigkeiten befreit und
dem Diktat des globalen Lohn- und Steuerdumpings nicht länger
ausgeliefert zu sein.
"Aber
die Briten können sich ja nicht einmal selbst
ernähren!"
Auch
diese Verhöhnung ist im Grunde eine Frechheit, eine
Unverschämtheit. Falls in GB derzeit nicht ausreichend
Grundnahrungsmittel hergestellt werden sollten, so liegt das doch an
den Umständen. Dem Preisdumping, dem globalen
Vernichtungswettbewerb. Über Zölle ließe sich der
importierte Preisdruck auf ein vernünftiges Maß
reduzieren. Und wenn sich die heimische Landwirtschaft wieder lohnt,
wenn ihr die gebührende Achtung beigemessen wird und sich dort
vernünftige Gewinne erwirtschaften lassen, dann wird auch die
landwirtschaftliche Produktion in Großbritannien wieder
ansteigen. So einfach und so vernünftig funktioniert eine
Marktwirtschaft, die nicht durch einen abartigen
Subventionsprotektionismus, eine bürokratische
Überregulierung und einem Freihandelswahn pervertiert
wurde.
"Allein
nach Dover kommen täglich 10.000 Lkws!"
Wenn
dem tatsächlich so ist, kann man doch nur noch den Kopf
schütteln. Wie kann man einen derartigen Ablauf überhaupt
akzeptieren, ihn als Normalität wahrnehmen? Was soll ein
aufgebauschter Welthandel, wenn am Ende nichts dabei herauskommt.
Wenn, wie sogar im verherrlichten deutschen Exportwunderland,
seit
40 Jahren die realen Nettolöhne und Renten der
Durchschnittsbürger sinken,
trotz aller bejubelten produktiven Fortschritte? Ein solch
erbärmliches, kontraproduktives System zu verteidigen, spricht
Bände. Aber sind die glühenden Verehrer der EU
überhaupt noch empfänglich für rationale
Überlegungen?
"Der
Brexit ist eine Tragödie, das sieht jeder! Der Nutzen der EU ist
doch so groß."
Ja, es gibt sie immer noch! Die Träumer, die Utopisten, die die
Realist nicht wahrhaben wollen. Hitler hoffte auch bis zuletzt auf
ein Wunder, auf den Endsieg.
Aber es geht nun einmal kein Kamel durch ein Nadelöhr und die
Realität lässt sich nicht bis zum jüngsten Tag einfach
ausblenden. Ein Zusammengehörigkeitsbewusstsein lässt sich
nicht erzwingen, ein breites Gefühl der Verbundenheit und
grenzenlosen Solidarität ebenfalls nicht. Die vielbeschworenen
Werte der Union, der penetrante Verweis auf abgehobene,
unbezahlbare
Menschenrechte
und die scheinheilige
Weltoffenheit,
werden angesichts des schleichenden Niedergangs der EU-Staaten immer
häufiger hinterfragt.
Die Europäische Union dient nicht dem Wohlstand und dem Frieden
- sie sät Zweitracht! Die zweifelhafte Wertegemeinschaft, auf
die in den Sonntagsreden so gerne verwiesen wird, existiert nicht. Es
gibt keinen Konsens über die Grundrechte der Menschen aus fernen
Ländern und Kulturen. Schon gar nicht, wenn der
Normalbürger spürt, dass letztlich er es ist, der für
alle Kosten und Folgeerscheinungen aufkommen muss. Die Pharisäer
ernten die Lorbeeren und die Malocher zahlen die Zeche. Wie lange
soll dieses Ausbeutungsprinzip noch funktionieren?
Keine
Angst vor einem ungeregelten Brexit!
Sollten
die Unterhändler der Macht keinen vernünftigen
Austrittsvertrag hinbekommen (womöglich mit voller Absicht), so
wäre auch das keine Tragödie. Dann gibt es halt einen
unsanften Übergang, der aber mittel- und langfristig auch zum
Erfolg führt. Man darf doch wohl annehmen, dass die
zivilisierten Kräfte auf beiden Seiten innerhalb weniger Wochen
zu einer akzeptablen Lösung kommen (sich auf einen
allmählichen Zollaufbau einigen).
Die gesamte außereuropäische Welt treibt mit der EU
Handel, obwohl sie nicht Mitglied der Union ist. Will man den
Briten diese Selbstverständlichkeit verwehren, will man sie
schlechter stellen als Chinesen, Japaner, Türken usw.? Will man
die Briten abstrafen, nur damit der Brexit zum Fiasko wird und
potentielle Nachahmer abgeschreckt werden?
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Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
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gibt zu unserer Politik keine Alternative!". Denkverbote,
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Manfred Julius Müller, Flensburg, 21. Januar 2019