Wie sinnvoll ist die Pendlerpauschale?
Überlegungen,
Informationen, Analysen.
Bringt
die Pendlerpauschale mehr Vorteile als Nachteile?
Wir wissen inzwischen alle, dass fossile Brennstoffe immer knapper und teurer werden. Die Erdölreserven reichen nach Schätzungen der Experten gerade einmal noch 30 bis 50 Jahre. Man sollte meinen, dass angesichts dieses Tatbestandes alles daran gesetzt wird, die Verschwendung des kostbaren Gutes einzudämmen und auf Alternativen zu setzen.
Aber die Vernunft kann sich selbst in fortschrittlichen Industriestaaten nur schwerlich durchsetzen. Egoistische Lobbygruppen versuchen mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste, kurzfristige Vorteile in Form von subventionierten Spritpreisen zu erlangen.
Pendlerpauschale
- eine fatale Fehlsteuerung!
Alle
Welt schimpft gegen Subventionen, weil sie die allgemeine
Abgabenlast des Bürgers erhöhen und die Gesetze der
Marktwirtschaft aushebeln. Subventionen sind es
schließlich, die eigentlich unrentable Maßnahmen lohnend
machen und so zu einer Fehlsteuerung des Marktes führen.
Die
Subventionierung
des Kapitals
(der
Investitionen) führt zum Beispiel dazu, dass sich
arbeitsplatzvernichtende Maschinen rechnen, obwohl sie bei neutraler
Kalkulation völlig indiskutabel wären.
Bezüglich der Pendler bedeuten Subventionen (die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten), dass das knappe Erdöl munter weiter verprasst wird und langjährige Pendler mit einem sicheren Arbeitsplatz nicht im Traum daran denken, an ihrer Situation etwas zu ändern.
Die Pendlerpauschale forciert den Kraftstoffverbrauch, wodurch das Erdöl rarer und teurer wird. Die staatlichen Subventionen (Pendlerpauschale) heizen die Preise auf den Rohölmärkten an und wirken preistreibend (saugen zum Teil das vom Staat geschenkte Geld wieder ab). Am Ende hat der Bürger beides: Höhere Abgaben und höhere Rohölpreise (die nicht nur den Kraftstoff verteuern, sondern auch den betrieblichen und häuslichen Strom, das Gas und die Heizung).
Hierzu addieren sich dann noch die unsichtbaren Folgen, wie etwa das erhöhte Verkehrsaufkommen (Staus), welches unseren Wirtschaftsstandort belastet. Und natürlich gilt auch: Das zusätzliche (unnötige) Verkehrsaufkommen beeinträchtigt im erheblichen Maße unser aller Lebensqualität (Verkehrslärm, erhöhte Unfallgefahren, Unfallopfer, Verschandelung der Natur und Zerstörung von Agrarflächen durch den Straßenbau usw.).
Pendlerpauschale
- "aber der Unternehmer kann doch auch seine Unkosten
absetzen
"
Die
Daseinsberechtigung der Pendlerpauschale wird häufig damit
begründet, dass eine Firma ja schließlich auch ihre
Betriebskosten absetzen kann.
Aber erstens sehe ich zwischen Firma und Privatperson einen
gewaltigen Unterschied, und zweitens müsste der Arbeitnehmer
nach der gleichen Logik dann auch seine anderen Kosten zur
Lebenserhaltung absetzen können. Er muss etwas essen, er muss
irgendwo wohnen, sich ankleiden usw. - warum sollte er nicht auch
dies steuerlich geltend machen können? Die Aufwendungen sind
doch schließlich notwendig, um seine Arbeitskraft zu
erhalten.
Pendlerpauschale
- der Nachbar soll zahlen
In
Wahrheit geht es bei der Pendlerpauschale doch um einseitige,
egoistische Vorteile. Man wünscht sich eine Kostenbeteiligung
durch andere!
Der Nachbar, der es vorgezogen hat, in die Nähe seines
Arbeitsplatzes zu ziehen, soll mit seinen Steuern dafür
aufkommen, wenn der Pendler seinen Wohnsitz nicht wechseln will.
Der Nachbar, der womöglich eine höherdotierte Stellung im
Nachbarort wegen des weiten Anfahrtsweges ausgeschlagen hat, soll
dafür bluten, wenn ein Pendler sich in ähnlicher Situation
anders entscheidet.
Diese Sozialisierung der Kosten führt nicht zu mehr
Gerechtigkeit!
"Aber
viele müssen doch weite Anfahrtswege in Kauf nehmen!"
Nun
sind die Arbeitsplätze in Deutschland wegen der
verfehlten
Globalisierungspolitik
(Zollabbau)
leider viel zu knapp. Und mit gewissem Recht sagen viele Pendler "ich
fahre die weite Strecke doch nicht zum Spaß, sondern weil ich
keinen anderen Job finde". Sie erklären weiter, dass sie sich
auch keinen Umzug und kein benzinsparendes Auto leisten
könnten.
Dabei wird aber gerne übersehen, dass es sich bei der
Pendlerpauschale um ein Steuersparmodell handelt, bei dem die
Geringverdiener ohnehin nahezu leer ausgehen, weil sie keine
oder kaum Steuern zahlen. Den größten Nutzen aus der
Pendlerpauschale ziehen die Besserverdiener, die ihre hohe Steuerlast
dadurch merklich drücken können.
Gerechter
wäre es, den steuerfreien Grundbetrag allgemein anzuheben und
die Pendlerpauschale völlig
abzuschaffen!
Wenn
man so will, wäre die Anhebung des steuerfreien Grundbetrages
eine Pendlerpauschale für alle Steuerzahler. Dann kann
jeder selbst entscheiden, wie er mit diesem Steuererlass umgeht, ob
er das Geld auf dem Weg zur Arbeit verfährt oder in einen
Wohnungsumzug steckt.
Gegen diese "allgemeine Pendlerpauschale" wird nicht einmal das
Bundesverfassungsgericht etwas einzuwenden haben. Wenn es dann noch
in Einzelfällen zu untragbaren Belastungen käme,
könnte eine Härtefallregelung vorübergehend
greifen (Regulierung übers Arbeitsamt).
Ist
es gerecht, wenn andere notwendige Fahrten nicht steuerlich absetzbar
sind?
Viele
sehen die Pendlerpauschale als absolutes Muss, kommen aber nicht auf
die Idee, dass auch andere Leute notwendige Autofahrten absolvieren
müssen. Wegen des weiten und gefährlichen Anfahrtsweges
müssen zum Beispiel viele Kleinkinder mit dem Auto in den
Kindergarten gebracht werden. Hier sieht man aber keine Notwendigkeit
der steuerlichen Absetzbarkeit, der Refinanzierung über den
Staat.
"Aber
Vater Staat verdient sich doch dumm und dämlich..."
Fast
70 % des Benzinpreises resultieren aus der Steuerlast. Dieser Fakt
macht viele Pendler besonders wütend, weil sie sich einmal mehr
abgezockt fühlen. Dabei wird gerne übersehen, welch immense
Kosten aus diesen Einnahmen bestritten werden müssen. Würde
man alle anfallenden Aufwendungen für den Straßenbau, die
Erhaltung des Straßennetzes, für die Verkehrspolizei, die
gewaltigen Umweltschäden, die hohen Kranken- und Pflegekosten
wegen der Luftverschmutzung, die gesundheitlichen Folgekosten nach
Verkehrsunfällen usw. mit in die Kalkulation einbeziehen,
müsste die heutige Steuerlast schätzungsweise verdoppelt
werden.
Es ist also genau umgekehrt: Der Staat zockt nicht zu viel ab,
sondern subventioniert im hohen Maße den
Autoverkehr.
"Aber
die Arbeitsämter verlangen doch
Mobilität!"
Es
ist richtig: Durch die Globalisierung, also dem Zollabbau, sind in
Deutschland die Arbeitsplätze zu knapp und der Staat verlangt
von seinen Bürgern, notfalls auch weitere Anfahrtswege
zur Arbeitsstelle in Kauf zu nehmen.
Aber diese vorübergehende Notlage, die nur einen Teil der
Bevölkerung trifft, kann nicht als Alibi für alle
dienen. Wie schon erwähnt muss in Härtefällen das
Arbeitsamt einspringen und eine Mobilitätshilfe zugestehen. Aber
eben nur in Ausnahmefällen, nicht generell und nur für
einen bestimmten Zeitrahmen (maximal 24 Monate).
Wo
gibt es die meisten Pendler?
Wo
gibt es die meisten Pendler? Richtig! Im Umkreis der Ballungszentren.
Viele der in Großstädten Beschäftigten ziehen es vor,
in die Vororte oder aufs Land zu ziehen, wo sie fürs gleiche
Geld eine viel größere Wohnung bekommen.
Aber warum sollen diese Pendler ihre rein privaten Entscheidungen vom
Staat durch Fahrkostenzuschüsse belohnt bekommen? Warum soll
derjenige der sich in der Großstadt in Arbeitsplatznähe
mit einer kleineren Wohnung begnügt und somit zur
Verkehrsentlastung beiträgt, leer ausgehen?
Wenn
ich in diesem Zusammenhang immer wieder höre "der Staat"
verlange doch Mobilität, dann kann ich nur den Kopf
schütteln. Es ist nicht der Staat, der allgemein Mobilität
"verlangt". Es sind vielmehr einige selbstherrliche Politiker, die
aus Gründen der Anbiederung ein solches nicht vorhandenes
Verlangen vorschützen, um sich bei Pendlern einzuschleimen.
Wie gesagt - ein Verlangen kann in Ausnahmefällen
höchstens bei Hartz-IV-Empfängern durch die Jobcenter
ausgesprochen werden (siehe voriger Abschnitt).
Ist
der Umweltschutz nichts mehr wert?
Bei der Pendlerpauschale geht es ja leider nicht nur um die die
staatliche Verbrauchsförderung eines zunehmend knapper werdenden
Rohstoffes - es geht auch um den Klima- und Umweltschutz.
Jährlich gibt es in Europa Hunderttausende Tote allein durch die
Luftverschmutzung - zählt das alles gar nichts mehr? Gerade
gestern las ich, wie ein junger Pendler auf dem weiten Nachhauseweg
einen Verkehrsunfall mit mehreren Todesopfern verursacht hat. Sind
auch solche Tragödien zweitrangig, hat man sie einfach in Kauf
zu nehmen?
Ich
kenne viele Pendler
Ich
kenne aus meinem persönlichen Umkreis bummelig 50 Personen, die
seit über 10 Jahren mit ihrem Pkw täglich 25 bis 100
Kilometer zur Arbeit fahren (einfache Strecke). Fast alle diese
Bekannten hatten durchaus die Möglichkeit, ihre
Verhältnisse im Laufe der Jahre durch einen Wohnungs- oder
Arbeitsplatzwechsel zu verändern.
Aber, wie sie mir selbst oft einräumten, haben sie einfach keine
Lust dazu. Ihnen bereite das Autofahren Spaß, hörte ich
sie häufig sagen. Natürlich ist mein Bekanntenkreis nicht
repräsentativ, aber er sollte dennoch zu denken
geben.
Nein
zur Pendlerpauschale - aber wir brauchen einen besseren
Kündigungsschutz!
Ein
wesentlicher Grund, warum manche Dauerpendler einen kostspieligen
Wohnungswechsel scheuen, ist die ungewisse Sicherheit des
Arbeitsplatzes. Die Aufweichung des Kündigungsschutzes, Zeit-
und Leiharbeit sowie befristete Arbeitsverträge machen die
Lebensplanung der Arbeitnehmer immer schwieriger. Die Politik hat
hier weitgehend den Forderungen der Wirtschaft nachgegeben, weil die
einseitige Flexibilität angeblich neue Jobs schaffe.
Leuten
mit einem solch unsicheren Arbeitsplatz kann in der Tat ein
Wohnungswechsel kaum zugemutet werden. Aber es kann nicht Aufgabe des
Staates sein, hier mit Ausgleichszahlungen in die Bresche zu
springen.
Es müsste genau umgekehrt sein: Wenn Firmen sich durch die
erzwungene Flexibilität ihrer Belegschaft
Wettbewerbsvorteile verschaffen, dann sollen sie gefälligst auch
für die Kosten aufkommen. Befristete oder unsichere
Arbeitsplätze müssten per Gesetz mit einem Aufschlag von 5
bis 10 Prozent über Tarif entlohnt werden. Schließlich
sparen die Firmen hohe Abfindungen, falls sie Mitarbeiter entlassen
müssen.
Es
ist an der Zeit, dass sich der unselige Trend des Heuerns und
Feuerns auf Kosten der Schwächeren umkehrt. Warum sollen
Firmen, die ihre Mitarbeiter mit brutalen Methoden ausbeuten, besser
gestellt werden als ihre humaneren Mitbewerber?
Lässt man diesen unfairen Wettbewerb gewähren, werden sich
langfristig die Bedingungen für alle Mitarbeiter verschlechtern
(weil selbst die anständigsten Chefs irgendwann mitziehen
müssen, um mit der Dumpingkonkurrenz mithalten zu
können).
"Wir
brauchen die Pendlerpauschale -
aber Ökosprit ist Teufelszeug"
Leider
gibt es viele Meinungsbildner, die eine recht eigenartige Auffassung
vertreten. Letztlich las ich von einem Spitzenpolitiker, der in einem
Vortrag nachdrücklich die Wiederbelebung der Pendlerpauschale
einforderte. Ich kann diese volkstümliche Haltung zum Teil
nachvollziehen, denn schließlich kämpft ein Politiker auch
ständig um die Gunst der Wähler.
Aber im selbigen Vortrag äußerte sich dieser Herr auch über die Bemühungen bezüglich des Biosprits und machte sich darüber lustig. Publikumswirksam präsentierte er ein halbes Pfund Mais und bemerkte, dass mit dieser Nahrungsmenge viele Menschen in armen Ländern sich über den Tag retten müssten. Dann zeigte er dem staunenden Publikum, wie wenig Biosprit aus dieser Tagesration Mais gewonnen werden könne - die Ausbeute reiche gerade einmal für eine Fahrstrecke von 900 Metern und es sei völlig pervers, landwirtschaftliche Nutzfläche für die Gewinnung alternativer Energien zu verschwenden.
Dieses
Beispiel veranschaulicht, wie widersprüchlich die Debatten heute
noch verlaufen. Einerseits will man den Rohölverbrauch
bezuschussen, gleichzeitig die Forschung und Produktion von
Alternativprodukten aber verhindern. Wie passt das zusammen?
Davon einmal ganz abgesehen: Ich halte eine derartige Darstellung der
Energieausbeute für äußerst unseriös. Die
Erzeugung von Biosprit über Mais ist in der Tat unangebracht und
sollte lieber heute als morgen eingestellt werden. Aber es gibt
inzwischen effizientere Bioenergie, die weit bessere Erträge
ermöglicht. Es fängt also durchaus schon an, wirtschaftlich
interessant zu werden.
Wer den Biosprit verteufelt, der müsste doch konsequenterweise erst recht die Pendlerpauschale verdammen. Wenn man den Verbrauch forciert, alternative Energien aber ablehnt, sind Preisschübe beim Rohöl vorprogrammiert, die dann letztlich auch wieder die Nahrungsmittel verteuern.
Ein
Verzicht auf die Pendlerpauschale bedeutet ganz nebenbei auch weniger
Bürokratie.
Wieviel
Aufwand braucht es, Jahr für Jahr die Pendlerpauschale
fiskalisch zu berücksichtigen? Zigmillionen
Steuererklärungen müssen entsprechend ausgefüllt,
geprüft und berechnet werden. Eine generelle Erhöhung des
steuerlichen Grundfreibetrages würde diesen bürokratischen
Kraftakt überflüssig machen.
Mit 88
Milliarden Euro werden die Autofahrer in Deutschland
subventioniert!
Jährlich!
Eine Studie von Prof. Udo J. Becker (Technische
Universität Dresden) aus dem Jahre 2012 belegt, dass
die Autofahrer in Deutschland jährlich mit 88
Milliarden Euro subventioniert werden.
Würden die externen Kosten (Folgen von Unfällen,
Abgasen, Lärm, Klimaschäden, Bodenverschmutzung
usw.) nicht mehr auf die Krankenkassen und den Staat
abgewälzt,, müsste der durchschnittliche
Pkw-Fahrer mit jährlichen Mehrkosten von ca. 2100 Euro
rechnen (15 Cent pro Kilometer).
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Geht
es in unserer Demokratie am Ende nur um den Machterhalt der
etablierten Parteien? Damit sich an eingefrorenen
Grundsätzen (EU, Euro, Zollfreihandel, Kriegsbeteiligungen,
antinationale Multikulti-Ideologie usw.) nichts ändert? Auch
wenn dadurch sich der seit
1980 anhaltende Niedergang
Deutschlands
weiter fortsetzt?
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www.das-kapital.eu
Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
2008