Wie lässt sich ein Haushaltsdefizit vermeiden?
Wie lässt sich die Staatsverschuldung senken? Wie könnte ein Staat wie Deutschland seine Einnahmen erhöhen, ohne die Konjunktur abzuwürgen?
1.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Mehrwertsteuererhöhung
Eine
Erhöhung der Mehrwertsteuer ist immer noch die Maßnahme,
die der Wirtschaft am wenigsten schadet, weil
a) auch die Importe teurer werden (eingeführte Waren sich also stärker an der Staatsfinanzierung beteiligen müssen)
b) das Ungleichgewicht Arbeit zu Kapital sich verringert. Wegen der hohen Abgabenlast auf den Faktor Arbeit kommt es heute häufig zu unrentablen (arbeitsschädlichen) Rationalisierungen.
Vor
allem der ermäßigte Mehrwertsteuersatz könnte
endlich einmal um einige Prozentpunkte angehoben werden.
Nachdem ich nun schon über 25 Jahre für eine Umfinanzierung
der Sozialsysteme kämpfe (Lohnkostenreform),
nachdem ich immer wieder in Fachartikeln und Büchern die vielen
Vorteile erläutert habe, vertreten zunehmend auch neutrale
Wirtschaftsinstitute meine Thesen. Mehr
zum Thema Mehrwertsteuererhöhung...
2.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Pendlerpauschale
gänzlich abschaffen.
Eine
Pendlerpauschale ist eine Subvention, die von Unbeteiligten bezahlt
werden muss. Warum aber soll jemand, der sich über Jahrzehnte
weigert, seinen Wohnsitz in die Nähe seines Arbeitsplatzes zu
verlegen, von der Allgemeinheit alimentiert werden?
Warum
soll die oft unnötige Energievergeudung und
Umweltzerstörung staatlich gefördert werden? Warum soll die
Allgemeinheit lange Arbeitswege finanzieren, bei denen es
jährlich zu Tausenden von Toten und Schwerverletzten
kommt? Mehr
zu dieser Problematik...
3.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Luxussteuern
auf Pkw's?
Wir
schauen oft neidisch auf Nachbarländer, in denen es seit
Jahrzehnten besser läuft. Wir weigern uns aber, daraus die
richtigen Lehren zu ziehen.
Die wohlhabenden skandinavischen Länder erheben seit Jahrzehnten
saftige Luxussteuern (ca. 100 %) auf Autos. Ich weiß, "das Auto
ist des Deutschen liebstes Kind", aber trotzdem kann man doch
über eine solche Pkw-Sondersteuer ruhig einmal
nachdenken. Sie
ist allemal
sozialer
als die absurd hohen Lohnnebenkosten, die die deutsche Arbeit im
internationalen Wettbewerb zunehmend unbezahlbar
macht.
Warum also nicht? Warum nicht mit einer 5-%-Pkw-Sondersteuer
beginnen? Richtig terminiert kann sie sogar noch als
Konjunkturprogramm dienen (viele Käufer werden noch vor
Inkrafttreten der Steuer zugreifen wollen). Ein Konjunkturprogramm,
das nichts kostet und viel gerechter ist als die teure
Abwrackprämie
oder Subventionen für Elektroautos (die Sondersteuer könnte
für E-Autos über einen Zeitraum von 10 Jahren ausgesetzt
werden).
Das Tolle ist: Bei dieser Steuerart ist eine Steuerhinterziehung nahezu ausgeschlossen und sie ist sozial (wer sich ein teures Auto leistet zahlt hohe Sondersteuern). Optimal wäre, mit den Einnahmen aus der Kfz-Sondersteuer die Pflegeversicherung und das Staatsfernsehen zu finanzieren (also Senkung der Lohnnebenkosten und Wegfall der unzeitgemäßen GEZ-Gebühren). Das könnte einen Unmut in der Bevölkerung verhindern und gleichzeitig unsere Wirtschaft konkurrenzfähiger machen (also Arbeitsplätze erhalten und schaffen). Und natürlich würde dadurch auch die Umwelt entlastet. Weil insgesamt weniger Autos angeschafft würden (manche Haushalte auf ihr Zweit- oder Drittauto verzichten würden).
4.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Anhebung
der Lkw-Maut
Für
die Bundesbürger ist der unablässige Transitverkehr auf den
deutschen Straßen eine schwere Last. Der durch den Wegfall der
Zollgrenzen ins aberwitzige angestiegene Transport von
Massengütern auf den Fernstraßen erweist sich nicht nur
als äußerst teuer und lästig (Verkehrsstau,
ständige Baustellen), er gefährdet auch im hohen Maße
die Gesundheit und das Leben der Bundesbürger (belastete
Lebensmittel, Luftverschmutzung, Verkehrstote).
Warum aber sollen die Bundesbürger nur die vielen Nachteile
dieses künstlich angekurbelten Transitverkehrs in Kauf
nehmen, warum nicht aus der Not ein Tugend machen und die
zentrale Lage in Europa (die eine ganze Reihe von Nachteilen mit sich
bringt) als Einnahmequelle nutzen? Die
Lkw-Maut ist bislang viel zu niedrig, weil sie die hohen
Folgeschäden nur zum geringen Teil auffängt (vor allem,
wenn ausländische Lkw's nicht einmal bei uns
tanken).
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dazu...
5.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Höhere
Einkommenssteuern, Erbschafts- und
Vermögenssteuern?
Die
populistischen Marktschreier, die für höhere Einkommens-,
Erbschafts- und Vermögenssteuern eintreten, verheimlichen leider
immer wieder das wichtigste Gegenargument: Was nützen
hohe
Reichensteuern,
wenn
man die Goldesel aus dem Land vergrault?
Reichensteuern
machen nur Sinn, wenn man gleichzeitig den Begüterten und
Besserverdienern ein
Ausreiseverbot
erteilen
würde (das kann im Ernst aber keiner wollen).
Ansonsten
wird man die gleiche Erfahrung machen wie Schweden mit dem
gescheiterten Versuch einer Börsenumsatzsteuer: Die erhofften
Einnahmen bleiben aus.
In einer globalisierten Welt ist es für viele Reiche und
gutbezahlte Leistungsträger kein Problem, sich in gastlichere
Länder abzusetzen, wo sie mit offenen Armen empfangen
werden. Die
abenteuerlichen Luftbuchungen, die den Leuten vorgaukeln, derlei
Reichensteuern bringen 50, 100 oder gar 200 Milliarden Euro
zusätzliche Einnahmen, halte ich für einen Skandal,
für pure Menschenverdummung.
6.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Steuerschlupflöcher
schließen...
Es
ist zwar ein alter Hut, aber es darf dennoch nicht unerwähnt
bleiben: Durch diverse Steuerschlupflöcher entgehen dem Fiskus
jährlich einige Zigmilliarden Euro. Mehr
dazu...
7.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Mit
Filialsteuern dem Monopolisierungstrend entgegenwirken...
Durch
die unaufhaltsame Filialisierung vor allem im Einzelhandel haben
unser Städte bereits einen Großteil ihres Charmes und
Eigencharakters eingebüßt. Aber bei diesem unseligen
Vereinheitlichungstrend geht es nicht nur ums Stadtbild und den
Identitätsverlust - weit wichtiger ist der daraus resultierende
gefährliche Monopolisierungstrend.
Mehr
dazu...
8.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Anhebung
der Importzölle?
Importzölle
gelten in unserer vom
Kapital
dominierten Zeit
als
absolutes Tabuthema. Wenn es aber einmal gelingen sollte, eingeimpfte
Vorurteile und ideologische Scheuklappen abzulegen wird man erkennen,
dass der Zoll-Protektionismus
keineswegs bösartiger sein muss als der praktizierte
Subventions-Protektionismus. Hier
schlummert ein riesiges Einnahmepotential, auf das sich andere
Länder inzwischen längst wieder besonnen haben (ohne dass
dies zu großen Vorwürfen oder Sanktionen führte).
Wenn man die Sache behutsam angeht, ist sicher auch die Zollanhebung
eine durchaus vernünftige Option. Wer aber bei diesem Gedanken
entsetzt aufschreit und einwendet "Wir
als Exportweltmeister können doch nicht..."
verkennt
meines Erachtens die Sachlage und hat die Zeichen der Zeit immer noch
nicht verstanden.
9.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Anhebung
des Diskontsatzes
Seit
zehn Jahren verleiht nun die
EZB
"erfundenes bzw. frisch gedrucktes
Geld"
nahezu
zinslos an die Privatbanken. Man hielt die Billiggeldschwemme einst
für notwendig, um die eingebrochene Konjunktur zu stützen
(Investitionsanreize zu schaffen).
Aber man kommt von dieser Droge nicht mehr los und die Billiggelder
haben leider fatale Nebenwirkungen: Sie zersetzen die
Marktkräfte, verleiten zur Akzeptanz großer
Haushaltsdefizite - vor
allem aber öffnen sie der Spekulation Tür und
Tor.
Denn wenn eine seriöse Spargeldeinlagen keine Rendite abwirft,
gewinnen andere (riskantere) Anlageformen zunehmend an
Attraktivität.
So
flüchtet das wegen des billigen Niedrigdiskontsatzes
überreichlich vorhandene Geld notgedrungen in Aktienmärkte,
Rohstoffe, Edelmetalle, Agrarflächen, Immobilien, Hedgefonds
usw. und treibt der Preise hoch (erneute Blasenbildung). Die
Regierungen der Euro-Staaten schimpfen auf die bösen
Spekulanten, ohne auch nur im Traum daran zu denken, dass sie
selbst es eigentlich sind, die diesen Hype auslösen.
Wenn die EZB dieses gefährliche Spiel mit dem Feuer wirklich
beenden wollte, müsste sie endlich gegensteuern, also wieder den
Diskontsatz auf das Niveau vor der Krise anheben. Dadurch
könnte die EZB auch wieder saftige Gewinne an ihre
Mitgliedsstaaten überweisen.
Seit fast einem Jahr nun bombardiert man die deutsche
Bevölkerung mit Erfolgsmeldungen: mehr Export, mehr Wachstum und
längst auch sinkende
Arbeitslosenzahlen.
Traut
man seinen eigenen Zahlen nicht mehr oder ist Deutschland wieder
einmal Opfer
der Multikulti-Einheitswährung,
die auf nationale Belange keinerlei Rücksicht nehmen kann? Wann
endlich will die EZB den Diskontsatz wieder anheben, wie lange will
sie noch die natürlichen Marktkräfte außer Kraft
setzen?
10.
Maßnahme zur Eindämmung des Haushaltsdefizits:
Angleichung
der Mineralöl- und Tabaksteuern in der EU
Manche
Staaten genießen gerne die Vorzüge der EU (z. B. hohe
Transferzahlungen), sind aber nicht bereit, ihre
Dumpingsteuersätze an das Niveau der Geberländer
anzupassen. Nur ein Beispiel: Jede 5. Zigarette wird in Deutschland
illegal eingeführt, allein dadurch entsteht dem deutschen Fiskus
ein Steuerschaden von vier Milliarden Euro jährlich.
Bezüglich entgangener Mineralölsteuer ist der Schaden noch größer: Würden alle Pkw und Lkw auf deutschen Straßen auch hier tanken, könnte sich der Fiskus über zusätzliche Einnahmen von etwa zehn Milliarden Euro freuen (Jahr für Jahr). Die Bundesbürger bauen teure Straßen, leiden unter irreparablen Lärm-, Umwelt- und Gesundheitsschäden, unter Verkehrsstaus und erhöhter Unfallgefahr - und getankt wird im Ausland. Zum Beispiel in Luxemburg, das durch seine Dumpingsteuern zum Schmarotzer-Tank-Tourismus einlädt und sich rühmt, pro Kopf größter EU-Nettozahler zu sein. So kann ein Staat bzw. eine Union nicht funktionieren!
Warum schafft es die EU nicht, einheitliche Mineralölsteuern zu verordnen (dann wäre zumindest dieses leidige Thema aus der Welt geschafft)? Überall mischt sich Brüssel ein, alles will es vorschreiben - aber wenn es um wirklich notwendige Vereinheitlichungen geht, schaut es weg. Bei diesen zehn Punkten möchte ich es bezüglich neuer Einnahmequellen belassen (obwohl es natürlich noch zahlreiche andere Möglichkeiten gäbe).
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©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
2009
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
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