Kapitalismus: Kritik an der Auswahl der Spiegel-Leserbriefe …

 

Es darf offenbar nicht sein, was Spiegel-Ideologien widerspricht. Noch immer setzt der Spiegel auf die Globalisierung und den Subventions-Protektionismus.

Auch in der Spiegel-Titelstory vom 30. 12. 2022 über die Zukunft des Kapitalismus verteidigt man alte Dogmen. Zwar dürfen einige ausgewählte Promi-Experten Vorschläge über notwendige Reformen vorbringen - aber was soll sich groß ändern, wenn am Grundprinzip nicht gerüttelt werden darf? Meint man immer noch, über ein Subventions-Belohnungssystem den ökologischen Umbau vollziehen zu können. Meint man, über mehr Umverteilung (70 % Spitzensteuern) Gerechtigkeit in diese verlogene Welt bringen zu können?

 

Sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht?
Das Hauptproblem des heutigen Kasinokapitalismus ist doch wohl das globale Dumpingsystem, das als "internationale Arbeitsteilung" verharmlost wird. Am Ende geht es nur darum, wer noch billiger produziert! Milliarden Menschen müssen für Hungerlöhne schuften und auf eine soziale Absicherung verzichten, Staaten werden bezüglich Steuern, Subventionen und Deregulierungen erpresst, Natur und Ressourcen schamlos ausgebeutet. Glaubt man wirklich, all diese Missstände über staatliche "Förderungen" abbauen zu können? Glaubt man, den Trick mit der Billiggeldschwemme (der schleichenden Enteignung der Kleinsparer) bis zur Unendlichkeit ausreizen zu können?

 

Allein während der Corona-Pandemie musste die USA mit 5000 Milliarden Dollar unterstützt werden!
Laut Spiegel musste die US-Wirtschaft während der Corona-Pandemie mit 5000 Milliarden Doller subventioniert werden. Und? Schrillen da bei Politikern, Ökonomen, Journalisten immer noch keine Alarmglocken? 5000 Milliarden Dollar auf Pump, nur weil die Wirtschaft wegen einer zwei- bis dreijährigen Pandemie ins Stocken gerät! Wenn das nicht ein Offenbarungseid ist, der absolute Beweis für das Scheitern des globalen Lohn-, Steuer-, Ökologie-, Zins- und Zolldumpings! Wird man erst einsichtig, wenn vom Herrgott eine schriftliche Bestätigung erfolgt?

 

Nur eine Wandlung vom Subventions- zum Zollprotektionismus kann das grassierende Unrecht und Chaos beenden!
Aber wie soll sich der Wandel vollziehen, wenn maßgebliche "Experten" und Meinungsbildner die Existenz des Subventions-Protektionismus leugnen? Oder davon als treue Vollstrecker der Kapitalinteressen partout nichts wissen wollen? Wenn eine Zollphobie daran hindert, die Abgründe des praktizierten Protektionismus wahrzunehmen?
Würde der Importzoll den wuchernden Subventionismus ablösen, stünde es schlecht um das Machtkartell des Großkapitals, der Spekulanten und Finanzjongleure. Dann könnten diese anonymen Kräfte nicht mehr die Staaten dieser Welt vor sich hertreiben und erpressen, dann könnte nicht mehr damit gedroht werden, Fabriken ins Ausland zu verlagern, falls auf unverschämte Forderungskataloge nicht eingegangen wird.
Würde ein Hersteller seine Kühlschränke in Osteuropa fertigen lassen, wenn seine Geräte wegen des Importzolls zu teuer und im lukrativen deutschen Absatzmarkt zum Ladenhüter werden? Sicher nicht!

 

Das Märchen von der wohlstandsmehrenden Globalisierung …
Es ist schon abenteuerlich, wie immer noch die Fahne der Globalisierung in den Himmel gestreckt wird. Einerseits wird behauptet, dass der Wohlstand in Deutschland in den letzten 25 Jahren merklich zugenommen hat, andererseits wird eingeräumt, dass Durchschnittsbürger kaum noch ihre Miete zahlen können. Merkt denn niemand, wie widersprüchlich derlei Aussagen sind?

 

Der stumpfsinnige Glaube an Statistiken bringt einen zur Verzweiflung …
Mit irreführenden Statistiken lassen sich die meisten schönfärberischen Argumente untermauern. Das sollte man doch eigentlich wissen. Wie naiv muss man sein, um noch immer an die tollen Lohnsteigerungen, das Beschäftigungswunder oder das stolze BIP-Wachstum zu glauben? Und was sagt ein Anstieg des durchschnittlichen Haushaltseinkommens aus, wenn im Gegensatz zu früher der Ehepartner mitarbeitet und viel mehr Zeit und Geld in die Ausbildung gesteckt wurde. Statistiken geben keinen Sinn, wenn man sie nicht richtig lesen (interpretieren) kann. Wenn man also nicht überlegt, wie sich deutliche Veränderungen erklären lassen (vor allem wenn sie im Widerspruch zu eigenen Nachforschungen stehen).
Oft werden Berechnungsgrundlagen so verändert, dass sie positive Signale ausstrahlen (die gewünschten Thesen der Kapitallobby oder die gute Arbeit amtierender Regierungen bestätigen). Die
hedonische Inflationsberechnung ist nur ein Beispiel dafür (falls überhaupt die Inflation berücksichtigt wurde). Sehr beliebt ist auch die strategische Auswahl der Vergleichszeiträume: das schlechteste Jahr/Ergebnis dient dann als Referenzwert. Mehr zu diesem heiklen Thema …

 

Wie werden Leserbriefe beim Spiegel ausgewählt?
Geschieht das nach neutralen Gesichtspunkten. Haben interessante Einwendungen, die neue Denkanstöße liefern, die besten Chancen? Oder gibt es gar eine Zensur? Werden Leserbriefe, die dem Tenor oder der Ideologie des Artikels widersprechen, ignoriert? Möge sich der Leser anhand meines nachfolgenden Leserbriefes (zum Spiegel-Titel "Hatte Marx doch recht?") ein eigenes Urteil bilden.

 

Der unveröffentlichte Leserbrief:

Unsere Einkommen sind Dank der Globalisierung erheblich gestiegen? Nur für die Miete reicht's nicht mehr? Witzig! Trügerische Statistiken und Wunschdenken führen in die Irre. Seit Jahrzehnten! Solange keine Umkehr vom Subventions- zum Zollprotektionismus erfolgt, kann das Machtkartell des Kapitals nicht gebrochen werden. Wenn die USA ihre Wirtschaft bzw. den Konsum während der Corona-Pandemie mit 5000 Milliarden Dollar stützen musste, offenbart das die Abartigkeit des globalen Zins- und Zolldumpingsystems.

Manfred Julius Müller, Flensburg

PS: Zu dem Artikel hat der Spiegel acht Leserbriefe veröffentlicht (recht wenig für eine Titelgeschichte). Mindestens fünf davon halte ich für belanglos, Sie sagen in netten Worten nur das aus, was ohnehin bekannt ist.

 




 

 

Der Kapitalismus ist nicht schlecht, solange man ihn nicht verdummt oder vergewaltigt.

Oder ihn mit absurden Ideologien oder Visionen pervertiert. Warum wohl hat die geballte Kompetenz der Entscheider und Meinungsbildner (Politiker, Regierungsberater, Ökonomen, Journalisten) dazu geführt, dass die Welt von einer Krise in die andere schlittert und selbst im deutschen Wirtschaftswunderland die Reallöhne seit 1980 sinken (trotz genialer produktiver Fortschritte)?

 

Das Elend mit den Lebenslügen …
Wie kommt es, dass die "Expertenrunden" vierzig Jahre brauchen, um zu erkennen, dass die Weltwirtschaft in den Abgrund driftet? Die einfache Antwort: Weil Politik & Medien jahrzehntelang gehirnwäscheartig den größten Schwachsinn verkündet und nachgeplappert haben.
Zum Beispiel, dass wir der "internationalen Arbeitsteilung" unseren Wohlstand verdanken oder dass die Wirtschaft eine stetes Wachstum braucht, um zu gedeihen. Oder dass Industriestaaten von der Ausbeutung der Arbeitssklaven in den Billiglohnländern profitieren. Oder dass die totale Im- und Exportabhängigkeit Frieden schafft und einen globalen Demokratisierungsprozess vorantreibt.
Aber all diese Behauptungen und Verheißungen entpuppten sich später als hohle Propaganda bzw. Wunschdenken. Als es noch intakte unabhängige Volkswirtschaften gab, stieg deren Wohlstand rasant - trotz Senkung der Regelarbeitszeit. Auch die Annahme, die globalen wirtschaftlichen Verflechtungen seien friedensstiftend, erwies sich als unzutreffend. Und das mit der Demokratisierung autokratischer Staaten klappte auch nicht. Das Gegenteil war der Fall.

 

Nicht der Kapitalismus ist Schuld, sondern die Globalisierung!
Mich ärgert, dass der Kapitalismus und die Globalisierung in einen Topf geworfen werden. Oder noch schlimmer: Dass der Kapitalismus als Sündenbock herhalten muss. Wenn Regierungen nicht wie Tolpatsche, Naivlinge oder Idioten handeln, ist der Kapitalismus das Beste, was der Menschheit widerfahren kann. Denn der gesunde (nicht verpfuschte) Kapitalismus führt schnurstracks in eine prosperierende, soziale Marktwirtschaft, die weltweit für einen fairen Interessenausgleich von Arbeit und Kapital sorgt.
Ganz anders sieht es mit der Globalisierung aus. Der Zollabbau implantiert das Prinzip des globalen Lohn-, Steuer-, Ökologie- und Zinsdumpings und zementiert damit die Allmacht des Großkapitals, der Konzerne, der Spekulanten, der Anlagefonds. Es ist ein schlechter Witz, angesichts des Zollverzichts (der Globalisierung, der EU) noch von einer Marktwirtschaft zu schwadronieren. Denn allein schon die krassen Lohnunterschiede (hier ein Euro, dort zwanzig Euro Stundenlohn) sind mit einer Marktwirtschaft absolut unvereinbar. Würde eine globale Marktwirtschaft funktionieren, hätten wir weltweit angeglichene Reallöhne.

 

 

Wir brauchen nicht ständig neue Ideen für einen nachhaltigen Kapitalismus, wir müssen uns lediglich von fatalen Irrlehren befreien.
Die beliebte Forderung nach einem 70prozentigen Spitzensteuersatz zum Beispiel klingt zwar sehr charmant, führt aber in einer freien Welt letztlich dazu, dass unsere Eliten und Goldesel früher oder später abwandern. Und der weitere Ausbau der Fahrradwege oder stark subventionierte 9-Euro-Bahntickets rütteln nicht an den ursächlichen Fehlentwicklungen, sie dienen eher einer verschleiernden Symptombekämpfung. All diese wohlfeilen Ideen beantworten nicht die Frage der Gegenfinanzierung. Sie basieren auf der Standardformel, die da lautet: "Deutschland ist reich!". Die Anonymität der Geldschöpfung wird zum Programm.

 

Die Ausbeutung der Billiglohnländer befeuert die Wegwerfgesellschaft …
Ist es noch zu glauben: Während sich manche Ölförderländer an ihren Bodenschätzen dumm und dämlich verdienen, wird in gefährlichen Erzbergwerken der Entwicklungsländer zu Hungerlöhnen geschuftet. Ebenso wie auf den Kaffee-, Kakao-, Nuss-, Tee-, Tabak-, Bananen-, Palmöl- oder Baumwollplantagen. Würde global ein Mindestlohn von acht bis zehn Euro durchgesetzt, würde unsere Welt sich vollkommen ändern. Das würde nicht nur den Aufstieg darbender Entwicklungsländer beschleunigen, es würde auch unser westliches Konsumverhalten grundlegend ändern. Die G20-Staaten sind doch so geil auf internationale Abkommen, warum engagieren sich nicht einmal in diese Richtung? Das würde sogar einen Großteil der Entwicklungshilfen überflüssig machen.

Sollten Textilien, Erze, seltene Erden oder Genussmittel aufgrund fairer Löhne das Doppelte oder Dreifache kosten, würde mit diesen Ressourcen besonnener umgegangen. Schokolade zum Beispiel würde wie in früheren Zeiten wieder zum Luxusgut, während es heute als eines der billigsten Sättigungsmittel überhaupt gilt. Das Ess- und Konsumverhalten würde sich grundlegend ändern, mit positiven Auswirkungen bezüglich unserer Gesundheit und Lebensqualität. Vor fünfzig Jahren waren die Westeuropäer im Durchschnitt weniger übergewichtig als heute, lebten gesünder, bewegten sich mehr. Die meisten Leute konnten auf ein eigenes Auto verzichten, weil der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut war, sie sich eine Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle leisten konnten, es gleich um die Ecke noch einen Tante-Emma-Laden gab.

Falls nun aber internationale Abkommen (acht bis zehn Euro Mindestlohn) nicht möglich sind? Schon vor 50 Jahren hätten unsere Politiker veranlassen können, nur solche Produkte ins Land zu lassen, die unter nachprüfbar menschenwürdigen Bedingungen hergestellt wurden. Dann gäbe es zumindest in Deutschland heute keine Wegwerfmentalität, keine hochgezüchtete Ex- und Importabhängigkeit und kein hässliches Schmarotzertum gegenüber den Entwicklungsländern. Unser Staat wäre vermutlich zu einem leuchtenden Vorbild geworden, hätte beweisen können, dass es auch ohne Konsumterror und Kasinokapitalismus geht. Aber dann wäre die Kapitallobby sicherlich verärgert gewesen, hätte so manche Politiker nicht "unterstützt", Parteien nicht mit Wahlspenden gepampert.

 

"Statt 44 % (1981) müssen heute nur noch 8 % der Weltbevölkerung mit weniger als 2,15 Dollar pro Tag auskommen!"
Ist das tatsächlich ein so toller Erfolg, der den Nutzen der Globalisierung belegt? Zunächst einmal: Wie ehrlich wurde die Inflation eingepreist (wenn überhaupt)? Aber davon abgesehen - es waren doch wohl eindeutig die technologischen Fortschritte, die dieses makabre "Wirtschaftswunder" ermöglicht haben. Die wichtigste Frage bleibt offen: Wie hätten sich die Niedriglohnländer ohne Zollverbot entwickelt. In einer fairen Marktwirtschaft und mit etwas Nachhilfe der "reichen" Industriestaaten hätte sich der Wohlstand der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung in 40 Jahren vielleicht verzehnfacht (so wie in China), anstatt lediglich um 75 % zuzulegen. Aber die Politik krankt ja schon ewig daran, dass mit verwirrenden Zahlenspielen (auf die selbst "Experten" immer wieder hereinfallen) die Menschheit veräppelt wird.

 

Demokratisierung, Wandel durch Handel? Nur noch 20 % der Menschheit leben in Staaten, die als "frei" gelten. Vor 18 Jahren waren es noch 40 %!

 

Hoffnung heischende, wohlklingende Parolen, welche die knappe Zeit verplempern, sind letztlich auch kontraproduktiv …
Eine "gemeinwohlorientierte Wirtschaft" sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, man muss sie nicht extra einfordern. Vor allem darf man derlei Mahnungen nicht an die falsche Adresse richten: Nicht die Unternehmer stehen in der Pflicht, sondern der Staat. Es ist ein leichtes für einen unabhängigen (zollgeschützten) Staat, entsprechende Regeln und Vorgaben zu verfassen. Da bedarf es keiner Empfehlungen, Bitten, Subventionen - alle Firmen müssen sich halt an die geltenden Gesetze halten. In einem offenen, zollfreien globalen Dumpingsystem klingt der Ruf nach einer "gemeinwohlorientierten Wirtschaft" ziemlich abgedroschen und weltfremd.

 

Patentrezept Umverteilung …
Fällt Politikern, "Experten", Leitmedien usw. absolut nichts ein, ziehen sie routinemäßig die Umverteilungs-Trumpfkarte. Diese populistische Standardformel kommt beim Großteil der Bevölkerung sehr gut an (weil damit falsche Annahmen verknüpft sind). Dabei ist das Umverteilungsritual schon lange überreizt. Erwerbslosenhaushalten geht es häufig finanziell weit besser als malochenden Durchschnittsverdienern.
Soll diese Perversion vertieft werden? Solange Deutschland sich weigert, sich über Zölle vom ausländischen Dumpingsystem abzukoppeln, können weder die Reichen noch die Konzerne stärker zur Kasse gebeten werden. Dient die abgelutschte Umverteilungsdebatte nicht längst einer ablenkenden Hinhaltetaktik? Es werden Scheinlösungen präsentiert, die von dringend notwendigen Reformen ablenken.

 

"Wir brauchen den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft und Industrie!"
Ja logisch. Aber warum muss diese uralte Erkenntnis noch immer als revolutionäre Idee verkauft werden? Die Antwort: Weil der Glaube an die Wirksamkeit internationaler Abkommen wertvolle Zeit (ein halbes Jahrhundert) hat verstreichen lassen! Nichts gegen internationale Abkommen, aber eine allgemeine Abkoppelung vom globalen Unterbietungswettbewerb wäre wesentlich zielführender gewesen. Hätte Deutschland sich nicht über den Zollabbau in eine totale Im- und Exportabhängigkeit hineinmanövriert, wären schon vor 50 Jahren strenge Umweltauflagen finanzierbar gewesen. Deutschland wäre zum Vorbild vieler anderer Staaten geworden. Ohne Zoll aber war die gesamte Weltwirtschaft gefangen im Hamsterrad des globalen Standortwettbewerbs, der teure Alleingänge und ökologische Vernunft kaum zulässt.

 

"Man muss die Unternehmen zwingen …"
heißt es neuerdings (diese Einsicht kommt reichlich spät). Aber wie zwingen? Über absurd teure Subventionen oder über Zölle? Wenn die USA ihre Wirtschaft allein während der Corona-Pandemie mit 5000 Milliarden Dollar (DER SPIEGEL 30.12.2022, S. 14) stützen musste, wohin soll das führen? Ins totale Chaos einer endlosen Billiggeldschwemme? In eine Hyperinflation?

 

"Staatliche Förderinstrumente sind unverzichtbar!"
Kann man sich diese kleinkarierte Denke nicht endlich einmal abgewöhnen? "Staatliche Förderinstrumente" sind nur notwendig, wenn man stur und uneinsichtig weiterhin den Zoll ächtet und sich vom globalen Dumpingsystem partout nicht abkoppeln will. Im intakten Kreislauf einer unabhängigen Volkswirtschaft braucht es keine "Förderinstrumente", keine Deregulierungen und keine Billiggeldschwemmen, die die Welt von einer Finanzkrise in die andere treiben.
Eine schrittweise Erhöhung der Zölle würde dazu führen, dass man von ausländischen Absatzmärkten allmählich unabhängiger wird und ausländische Produktionbetriebe nach Deutschland zurückkehren. Es würden eines Tages zwar weniger Autos und Maschinen exportiert, dafür aber wieder Solaranlagen, Fernseher, Computer, Textilien usw. vermehrt im eigenen Land produziert. Und kein Hersteller könnte es wagen, den Staat zu erpressen mit der Drohung, seine Fabriken ins Ausland zu verlagern. Dass die meisten Branchen, in denen Deutschland einst führend war, hierzulande ausgestorbenen sind, lag nicht an deutschen Untugenden, sondern ganz einfach am krassen Lohngefälle! Lohnunterschiede von 1000 % können selbst die fähigsten Chefs und Mitarbeiter nicht ausgleichen.

 

Unser Wirtschaftssystem ist von Grund auf falsch?
Ach wirklich? Auch schon gemerkt, nach nur 40 Jahren der Ignoranz? Leider liegen die Fehler nicht dort, wo man sie verortet. Noch immer versucht man, die Abartigkeiten der Globalisierung (den Zollfreihandel) mit Händen und Füßen zu verteidigen, warnen Globalisierungs-Fetischisten energisch vor jeglicher Form der Deglobalisierung. Statt das Naheliegende (eine Zoll-Rehabilitation) zu akzeptieren, werden kostspielige Forderungen aus der Mottenkiste der Ablenkungsmanöver hervorgeholt. Mehr Investitionen in die Bildung, in die Infrastruktur, in die Chancengleichheit usw., wie originell ist das dann? Das ist doch genau das, was seit Jahrzehnten in den Wahlprogrammen der etablierten Parteien steht und bislang zu nichts geführt hat.

 

Der Kapitalismus muss weiterentwickelt werden?
Nochmals: Nicht im Kapitalismus liegt das Grundübel, sondern in der Globalisierung, also im Zollabbau. Wie kann man nur ständig diese beiden Begriffe vereinen oder vertauschen? Wie kann man nur ständig die Propagandaleier der Kapitallobby nachbeten? Der Kapitalismus muss nicht weiterentwickelt werden, man muss ihn nur von den konzernfreundlichen Überwucherungen der jüngsten Vergangenheit befreien.

 

Berechnungsgrundlage: Lohnkosten: 100 Euro Bruttolohn, abzüglich 21 Euro Sozialversicherung Arbeitnehmeranteil und 15 Euro Lohnsteuern, das ergibt einen Nettolohn von 64 Euro. Bei 64 Euro netto bedeuten 21 Euro Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung 33 % Kostenaufschlag, die Arbeitgeberanteile ebenfalls 33 % und die 15 Euro Steuern entsprächen 23 % Aufschlag.
Kapitalkosten: Die Investitions-Zuschüsse für Maschinen sind natürlich unterschiedlich, es konnte nur ein geschätzter Durchschnittswert angegeben werden. Es gibt unzählige Förderungstöpfe auf Kommunal-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene.

 

Warum wohl wird die Arbeit mit Lohnnebenkosten überhäuft? Und das Kapital (Investitionen) mit Subventionen gepampert?
Auch dieses Kuriosum ist letztlich Folge des Zollabbaus (der Globalisierung). In einem offenen, nahezu zollfreien Weltmarkt muss man halt Investoren anlocken (abwerben). Und irgendwie muss der teure Sozialstaat (Krankheit, Pflege, Rente) finanziert werden. Und da man in einem offenen Weltmarkt Reiche und Konzerne nicht übermäßig melken kann (sonst würden sie allmählich abwandern), muss man die Hauptabgabelast eben auf die Durchschnittsverdiener abwälzen. Ein vom globalen Tauschhandel weitgehend unabhängiger Staat würde selbstverständlich seine Sozialsysteme überwiegend über Zolleinnahmen und Konsumsteuern (MwSt.) finanzieren. Aber ein Staat, der sich der totalen Im- Und Exportabhängigkeit verschrieben hat, kann das nur bedingt.

 

Ist es Populismus, wenn Politiker eine Rückbesinnung auf die eigene nationale Souveränität verlangen?
Wenn sie "America First" predigen und Zölle anheben wollen, um sich aus der Zwangsjacke des globalen Dumpingsystems zu befreien? Wer maßt sich an, solch hanebüchene Klassifizierungen vorzunehmen? Alles, was der Kapitallobby zuwiderläuft (weil es eine Machtumkehr bedeuten würde) als Populismus zu verunglimpfen, ist mehr als billig. Es erfüllt meinen Erachtens längst den Tatbestand des Rufmordes oder der Volksverdummung.

 

Führte der Brexit zu deutlichen Wohlstandseinbrüchen?
Nach kurzer Zeit so etwas behaupten können wohl nur Leute, die an einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema nicht interessiert sind. Der Brexit fiel in eine Zeit schwerster Krisen (Corona, Ukrainekrieg, Energiepreisexplosion). Alle Industriestaaten litten und leiden darunter, wenn auch unterschiedlich. Logisch, dass Staaten, die mit Irrsinnssummen ihre Wirtschaft auf Pump subventioniert haben (wie Deutschland und die USA) zunächst besser davonkommen (das dicke Ende kommt dann später). Davon abgesehen: Dass eine Loslösung von der EU Umstellungskosten verursacht, sollte echten Ökonomen einleuchten. Was soll also die unverhohlene Häme nach so kurzer Zeit? Jetzt kommt es darauf an, wie die Briten den Brexit mit Leben erfüllen. Nutzen sie ihre neu gewonnene Unabhängigkeit? Befreien sie sich über Zölle vom innereuropäischen und globalen Dumpingsystem?

 

Muss ein Rückfall in den Protektionismus verhindert werden?
Konzernfreundliche "Ökonomen" werden nicht müde, genau diese Dumpfparole zu wiederholen. Als ob der Protektionismus die größte Gefahr für die Menschheit darstellen würde. Dabei lässt sich, solange es auf der Welt völlig ungleiche Löhne und Lebensbedingungen gibt, "der Protektionismus" gar nicht abschaffen. Es geht lediglich um die Ablösung des Subventions-Protektionsmus durch den Zoll-Protektionismus. Und um nichts anderes. Dass die Kapitallobby (und all ihre Strippenzieher und Günstlinge) lieber Subventionen einkassiert (erpresst) als Zölle zu zahlen, ist verständlich.

 

Haben die vielen Krisen seit 2008 gezeigt, dass Europa funktioniert?
Man muss m. E. schon sehr abgebrüht sein, um derlei Behauptungen aufzustellen. Europa hängt am Tropf einer schamlosen Billiggeldschwemme, die Kleinsparer werden schleichend enteignet, Reallöhne sinken seit Jahrzehnten, die "friedensstiftende EU" katapultiert ihre Bürger in einen ausufernden Stellvertreterkrieg (Ukraine) und dennoch ist alles gut, die EU ist ein Erfolgsmodell (welches leider nirgendwo auf der Welt kopiert wird)? Und natürlich muss Deutschland in Europa eine Führungsrolle übernehmen, um die offene Weltwirtschaft (das globale Lohn- und Steuerdumping) zu verteidigen? Was sind das für Leute, die uns so einen Schwachsinn einreden wollen? Wie sind sie gepolt? Wie konzernhörig und menschenfeindlich sind sie? Alle Regeln der Vernunft und Moral wurden bereits auf den Kopf gestellt und noch immer ist es nicht genug.

 

Wie neutral agieren unsere Volksvertreter?
Wenn ich mir die Gesetzesverfügungen der letzten vier Jahrzehnte betrachte, frage ich mich immer wieder, wie unabhängig und neutral sind eigentlich unsere Parteien bzw. Volksvertreter? Kann es sein, dass die Kapital- bzw. Konzernlobby sich das Wohlwollen der Entscheidungsträger häufig erkauft, womöglich durch Parteispenden, lukrative nebenberufliche Aufsichtsratsposten, günstige Kredite, heimliche Zuwendungen usw. Wenn dem so ist, erscheinen mir viele krasse Fehlentscheidungen der Vergangenheit verständlich. Aber auch nur dann.

 

Dabei fällt mir ein:
Wie unvoreingenommen sind Politiker und Journalisten, die über ein fettes Aktiendepot verfügen?
Wo fängt Bestechlichkeit an? Kaum jemand käme auf die Idee, Politikern und Journalisten, die über ein ansehnliches Aktienpaket verfügen, eine Voreingenommenheit oder Bestechlichkeit zu unterstellen. Aber wie neutral sind diese Eliten wirklich? Die konzernfreundliche Politik der Globalisierung (Subventions- statt Zoll-Protektionismus), die Billiggeldschwemme und aktiengestützte Rentensysteme befeuern die Börse, wie sich an der auffälligen Kursentwicklung der letzten 50 Jahre leicht ablesen lässt. Hochdotierte Spitzenpolitiker und Starjournalisten (weltweit), die sich viele Aktien leisten können, profitieren also vom globalen ("weltoffenen") Ausbeutungssystem. Besteht da nicht die Gefahr, dass sie (zumindest unbewusst) auch an ihre eigenen Pfründe denken? Oder ist dieser Gedanke absurd?

 

 

Man kann es drehen und wenden wie man will, letztlich entscheidet sich alles an der Schlüsselfrage: "Was ist besser - der ausufernde Subventions-Protektionismus oder der geächtete Zoll-Protektionismus (der über Jahrtausende bestens funktionierte und viele Kulturen reich und stark machte)?"

 

 

Auch lesenswert:
Wie neutral ist "Der Spiegel"?
Globalisierung, Nullzinspolitik: Wie aufrichtig ist der Spiegel?
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer sind die mächtigsten Dogmatiker im ganzen Land?"

 

 


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Zustimmende Beurteilung dieses Artikels:

Ich halte ebenso wie Herr Müller den Subventions-Protektionismus für eine verhängnisvolle Strategie. Ohne wirksame Importzölle lässt sich die Ausbeutung von Mensch und Natur nicht verhindern.

 

Ablehnende Beurteilung dieses Artikels (ich bin ganz anderer Meinung als Manfred J. Müller):

Anders als Herr Müller glaube ich, dass unser Wohlstand von der Globalisierung (dem Zollfreihandel) abhängt.

Ich denke nicht, dass der Leserbrief von Herrn Müller Opfer einer ideologischen Zensur wurde. Müllers Einwendungen sind irrelevant und verwirren die Leser.

 

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© Manfred Julius Müller, Flensburg, Erstveröffentlichung 6. 1. 2023

 


Grundwissen im Widerspruch zu anerzogenen Mainstream-Ideologien
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Der Niedergang Deutschlands. Warum sinken seit 1980 die realen Nettolöhne und Renten?
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Warum gibt es kein Gesamtministerium für Entwicklungs- und Zuwanderungshilfen?
Gute Migranten, schlechte Migranten. Taugt Deutschland zum Einwanderungsland?

Anmerkung: Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.

Bücher von Manfred J. Müller …


Die geballte Kompetenz aus Politik und Wirtschaft hat Deutschland in die totale Ex- und Importabhängigkeit mit langen Lieferketten geführt. Seit 1980 sinken nun die Reallöhne und Renten! Globalisierung und EU hingen 10 Jahre am Tropf einer die Sparer enteignenden 0-Zins-Politik.
Hat sich also die Establishment-Politik der Vergangenheit bewährt? Darf es keine fundamentale Kritik an der Politik des Establishments und seiner staatlichen Medienpropaganda geben?